TikTok oder Twitter - der Papst muss sich entscheiden.

Die Spätzinnen und die Spatzen pfeifen es vom Petersdom. Der Papst muss sich entscheiden. Und zwar ganz schnell: Entweder Twitter oder TikTok.

 Aus China ist das gekommen. Mit dem Corona-Virus. Genauer gesagt: mit der Quarantäne. Da hat in der ganzen Welt der Pornokonsum im Internet wüst zugenommen. Insbesondere Pornhub, die wüsteste von allen Webseiten, wäre vor Abermillionen Klicks fast zusammengebrochen. Aber nicht nur das Böse hat in der Corona-Quarantäne zugenommen, sondern auch das Gute.  Und wie es denn die alten weissen Männer waren, die sich die verordnete Langeweile auf Pornhub vertrieben, so sind es die jungen,  die fröhlichen Multikulti-Kinder, die in der Corona-Isolierung auf die entgegengesetzte Idee gekommen sind: sich nicht mehr länger auf Twitter zu langweilen, schon gar nicht auf Pornhub, sondern das Virus auf TikTok lustig zu vertanzen. In kindlicher Leichtigkeit. In jugendlichem Übermut. Ein paar zuerst. Doch jetzt sind es schon zwei Milliarden TikTok-Kinder in aller Welt. Zwei Milliarden Kinder, das kann im Vatikan nicht unbemerkt bleiben, sind eine geistige Macht. Unerträglich geschmerzt hat es Donald Trump, als ein Schwarm von TikTok-Kindern ihm seinen Wahlkampf vermasselt hat.

 Wären es nur die Kinder, nur die Teenies, doch die Neue Zürcher Zeitung schlägt Alarm: Die Twinks der Generation Z, auch sie laufen schon von Twitter zu TikTok über. Was ist in sie gefahren, in die Grufties von der Generation Z? Auch sie, die alten Jungen, wollen wieder ganz jung werden. Ganz jung im Jungbrunnen der Generation TikTok.

 Das ist das Dilemma des Papstes. So wie er liebt keiner die jungen Menschen. Er ist der Star des Weltjugendtages. Im Sinne des 2. Vatikanischen Konzils ist er für alles Junge und Neue. Also nichts wie weg von Twitter, nichts wie hin zu TikTok? Warum fällt das Franziskus so schwer? Weil er es auf Twitter schön hat. Schöner als mancher andere. 43 Millionen Follower hat er auf Twitter, 15 Millionen auf englisch, 15 Millionen auf spanisch, auf deutsch leider Gottes nur eine halbe Million. Auf lateinisch dagegen stolze 856.000 Sequentes. Im Kölner Domradio habe ich das gehört. Aber weit über das Domradio hinaus war die Begeisterung der Alten gross, als Franziskus jüngst für die „creati cura“ („Umweltschutz“) twitterte: „Politica actio oportet humanae personae, communi bono et creati curae vere inserviat." 

 Ein Hit ist so etwas auf Twitter. Aber überlegt euch jetzt einmal, was für ein Flop das auf TikTok wäre. Kaum jemand verkündet ja irgendwelchen Tiefsinn auf TikTok. Tiefsinn, das ist für die alten Twens auf dem alten Twitter. TikTok dagegen verdankt seinen Erfolg bei den Kleinen seiner Anleitung zu kinderleichten Videos. Und was tun Kinder auf Videos? Am liebsten tanzen sie. Wie die kleinen Chinesen lachen und albern auch die kleinen Deutschen, die kleinen Amerikaner zum Ärger von Donald Trump, sie lachen alle auf TikTok herum. Kindlich verspielt sind diese TikTok-Videos. Wie Raffaels Engelchen, so kommen sie dahergetanzt,  die tanzenden Kinderlein auf TikTok.

 Die sixtinischen Engelchen? Wenn die tanzen können, kann das der Papst nicht auch? Kommt er nicht aus einem Land, wo besonders viel getanzt wird? Aber halt! Tango ist etwas anderes, viel Schwerblütigeres als das lustige Teenie-Gehopse auf TikTok. Tango ist für die allerältesten deutsche Grufties. Die fliegen jetzt schon wieder zum Dreitage-Tangokurs nach Buenos Aires. Kein Tiktok-Kindlein fliegt da mit.

 Liegt es wirklich an Corona, dass der Vatikan den nächsten Weltjugendtag in Lissabon auf 2023 verschieben musste? Liegt es nicht viel eher daran, dass es dem Heiligen Vater unendlich schwer fällt, sich von Twitter zu lösen und ja zu sagen zu TikTok? Aber Lissabon ist nicht mehr weit. Möge Papst Franziskus die Courage finden, sich für das Neue, für die Zukunft, für die jüngste Jugend zu entscheiden: für TikTok. Im Sinne seines Namenspatrons, des heiligen Franziskus von Assisi, der gewiss auch gegen Twitter und für TikTok wäre. Nicht umsonst nannten sie ihn  „Franziskus“ – „der kleine Franzose“. Haben doch die Teenies in Assisi alle von ihm geschwärmt: „Cantat, saltat gallice“ – „Er singt, er tanzt wie ein Franzose.“ Auch heute würden sie von ihm schwärmen, vielleicht nur ein bisschen anders: „Er singt, er tanzt auf TikTok wie ein kleiner Chinese.“

 Und wenn der Papst sich doch, quod Deus avertat, dafür entscheidet, weiter an der neuesten Jugend vorbeizutwittern? Die Folgen wage ich mir nicht vorzustellen. Wenn zwei Milliarden TikTok-Kinder, statt nach Lissabon zu fliegen, lieber daheimbleiben und dem Papst im Internet eine lange Nase tanzen, dann ist Franziskus auf dem nächsten Weltjugendtag mit Twitter, mit Donald Trump und mit mir allein.